«Wir stehen für Flexibilität»

«Die gewerkschaftliche und linke Kritik an der Temporärarbeit ist auch machtpolitisch
begründet», sagt der Präsident des Personaldienstleisterverbands swissstaffing.
Tatsächlich bietet Flexwork vielen neue Chancen im Arbeitsmarkt: von Wiedereinsteigern
bis zu Hochqualifizierten

Interview mit Andreas Eichenberger, Präsident Swissstaffing.

Schweizerische Gewerbezeitung: Im Juni 2024 wurden Sie, als Nachfolger von Leif Agnéus, zum neuen Präsidenten von swissstaffing gewählt. Welchen Stellenwert hat die Temporärarbeit für das Funktionieren der Schweizer Wirtschaft?

Andreas Eichenberger: Temporärarbeit ist ein unverzichtbares Element der Schweizer Wirtschaft. Ohne Temporärarbeit stünde die Schweizer Wirtschaft still. Die Temporärarbeit sorgt für die notwendige Flexibilität auf
dem Arbeitsmarkt und hilft so den Unternehmen, schnell auf wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren und Auftragsspitzen abzufedern. Die Temporärarbeit stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im internationalen Standortwettbewerb und hilft Unternehmen, konjunkturelle Schwankungen zu bewältigen. Gleichzeitig erleichtert die Temporärarbeit den Arbeitnehmenden den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Sie bietet den Arbeitnehmenden eine Möglichkeit, Erfahrung zu sammeln und sich beruflich weiterzuentwickeln. Unsere Studien zeigen, dass gerade hochqualifizierte Fachkräfte zudem gezielt auf Temporärarbeit setzen, um ihre Karriere flexibel zu gestalten und gleichzeitig sozial abgesichert zu sein.

Schweizer Gewerbezeitung: Angesichts unsicherer Zukunftsaussichten sind Unternehmen bei der Schaffung neuer Stellen zurückhaltend. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Personaldienstleister aus?

Andreas Eichenberger: In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit steigt die Nachfrage nach Temporärkräften oft an. Unternehmen sind vorsichtig bei der Schaffung neuer Feststellen, setzen aber auf flexible Lösungen, um ihre Kapazitäten an den aktuellen Bedarf anzupassen. Temporärarbeit hilft so, wirtschaftliche Schwankungen abzufedern und unmittelbar neue Beschäftigung zu schaffen, wenn sich entsprechende Chancen ergeben. Arbeitsplätze werden so gesichert und Investitionen ermöglicht. Wenn ein Konjunkturtief längere Zeit anhält, spüren dies aber auch die Personaldienstleister. Sie müssen in solchen Situationen selber sehr agil und flexibel sein.

Schweizerische Gewerbezeitung: Der Mangel an Fachkräften, ja an Arbeitskräften generell, nimmt in der Schweiz stetig zu. Inwieweit kann Temporärarbeit dazu beitragen, die Herausforderungen im Arbeitsmarkt zu bewältigen?

Andreas Eichenberger: Temporärarbeit erleichtert den Zugang zu Fachkräften, indem sie Arbeitskräfte effizient vermittelt. Gerade hochqualifizierte Stellenprofile profitieren von der raschen Besetzung durch Temporärarbeit. Zudem ermöglicht die Temporärarbeit die volle Ausschöpfung des inländischen Erwerbspotenzials und hilft (Wieder-)Einsteigern nach einer Pause beim beruflichen Neustart. Temporärarbeit gewinnt gerade im Fachkräftebereich weiter an Bedeutung, da sie Unternehmen erlaubt, Experten kurzfristig und zielgerichtet einzusetzen.

Schweizer Gewerbezeitung: Bei welchen Gruppen von Arbeitnehmern ist die Temporärarbeit besonders beliebt – und weshalb?

Andreas Eichenberger: emporärarbeit wird von sehr vielen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmenden geschätzt. Jüngere Arbeitnehmende, Berufseinsteiger sowie Wiedereinsteiger nutzen die Temporärarbeit als Brücke in den Arbeitsmarkt. Hochqualifizierte nutzen sie, um verschiedene Branchen kennenzulernen und gezielt Erfahrungen zu sammeln. Jede und jeder dritte Temporärarbeitende möchte bewusst flexibel arbeiten und kann sich eine Feststelle nicht vorstellen. Zudem profitieren Freelancer, die über Payrolling-Modelle in den Arbeitsmarkt integriert sind, von der sozialen Absicherung der Temporärarbeit. Sie können so die Herausforderung der Scheinselbstständigkeit umgehen.

Schweizer Gewerbezeitung: Arbeitnehmerinnen und -nehmer fordern zunehmend eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit nimmt zu: Wie können Arbeitgeber auf diese Tendenzen am besten reagieren?

Andreas Eichenberger: nternehmen sollten verstärkt auf flexible Arbeitsmodelle setzen und ihren Mitarbeitenden Optionen wie Teilzeit oder projektbasierte Arbeit ermöglichen. Temporärarbeit bietet hier bereits viele Lösungen und kann helfen, den Wunsch nach mehr Flexibilität mit den Bedürfnissen der Unternehmen in Einklang zu bringen. Die Digitalisierung und neue Arbeitsmodelle machen es möglich, dass flexible Arbeitsformen immer
mehr Fuss fassen.

Schweizer Gewerbezeitung: Gerade Hochqualifizierte arbeiten gerne temporär. Welches sind die Vorteile, die ihnen diese Form der Beschäftigung bringt?

Andreas Eichenberger: Hochqualifizierte schätzen an der Temporärarbeit insbesondere die Abwechslung, die Möglichkeit, verschiedene Branchen kennenzulernen, und die Chance, sich kontinuierlich weiterzubilden. Sie profitieren von der hohen Flexibilität und den individuellen Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Karriere. Temporärarbeit erlaubt es zudem, selbstbestimmt und gleichzeitig sozial abgesichert zu arbeiten – ein entscheidender Vorteil gegenüber der klassischen Selbstständigkeit.

Schweizer Gewerbezeitung: Homeoffice ist ganz besonders bei jüngeren Arbeitnehmern beliebt. Derzeit gibt es eine Gegenbewegung, manche Angestellte werden zurück ins Büro beordert. Ein Fehler?

Andreas Eichenberger: Wie die Unternehmen ihre Anwesenheitsregeln und Homeoffice-Möglichkeiten gestalten, sollte jeder Firma selbst überlassen sein. Verschiedenen Faktoren spielen dabei eine Rolle wie Aufgaben, Kultur, Teamzusammensetzung etc. Jede Unternehmung muss das für sie richtige Optimum selber finden. Während sich Temporärarbeit bei den Arbeitnehmern zunehmender Beliebtheit erfreut, lassen Gewerkschaften und Vertreter der Linken keine Gelegenheit aus, diese Form der Arbeit schlechtzureden und sprechen gar von «neuen Saisonniers». Was antworten Sie diesen Kritikern? Temporärarbeit ist stark reguliert und sozialpartnerschaftlich abgesichert. Der allgemeinverbindlich erklärte GAV Personalverleih gewährleistet faire Löhne, umfassenden Sozialschutz und Weiterbildungsmöglichkeiten. Temporärarbeit trägt zur Stabilität der Gesellschaft bei, indem sie niedrige Arbeitslosigkeit und Aufstiegschancen fördert. Deshalb ist die gewerkschaftliche und linke Kritik unbegründet. Das Problem der Gewerkschaften liegt darin, dass sich Flexworker schlecht organisieren lassen. Das ist eine Gefahr für das gewerkschaftliche Geschäftsmodell. In den Verhandlungen mit den Gewerkschaften stellen wir fest, dass die Bedürfnisse der Temporärarbeitenden gar nicht immer im Vordergrund stehen, sondern machtpolitische Beweggründe mindestens ebenso wichtig sind.

Schweizer Gewerbezeitung: ie Verhandlungen für ein neues Abkommen zwischen der Schweiz und der EU sind abgeschlossen; gespannt warten alle Akteure nun auf die Details. Was braucht es, damit die Temporärbranche ein solches Abkommen mit Überzeugung vertreten kann?

Andreas Eichenberger: in direkter Zugang zum EU-Markt ist für die Schweizer Wirtschaft zentral. Wichtig ist aber auch, dass die Flexibilität des Arbeitsmarktes erhalten bleibt und keine neuen Regulierungen eingeführt werden. Das heute bestehende Gleichgewicht zwischen Lohnschutz und wirtschaftlicher Freiheit muss gewahrt bleiben. Eine zusätzliche Regulierung der Temporärarbeit wäre für die Schweiz nicht nur unnötig, sondern kontraproduktiv. Sie würde die bestehenden hohen Standards gefährden und überdies anderen, schlecht geregelten Formen flexibler Arbeit Vorschub leisten.

Schweizer Gewerbezeitung: In der Frühlingssession gelangt die von der SVP lancierte neue Zuwanderungsinitiative («Keine 10-Millionen-Schweiz») ins Parlament und später vors Volk. Was würde es aus Sicht von swissstaffing bedeuten, sollte sie angenommen werden?

Andreas Eichenberger: Eine Annahme der Initiative würde die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland massiv erschweren. In Zeiten von demografischer Alterung und zunehmendem Arbeitskräftemangel wäre dies ein gefährlicher Rückschritt für den Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft und die inländische Wertschöpfung würden ausgebremst – mit negativen Effekten für jede und jeden Einzelnen in der Schweiz.

Schweizer Gewerbezeitung: In ganz Europa klagen Unternehmen über die zunehmende Bürokratisierung. Welchen Wunsch haben Sie an die Politik, um diese Entwicklung zu stoppen?

Andreas Eichenberger: Weniger bürokratische Hürden, effizientere Verfahren und Kontrollen und schonende Regulierung wären wichtige Schritte. Die Wirtschaft braucht pragmatische Lösungen und Flexibilität, um im Wettbewerb bestehen und auf die demografische Entwicklung reagieren zu können. Sie darf nicht durch übermässige Regulierung ausgebremst werden. «Temporärarbeit wird von Unternehmen wie auch Arbeitnehmenden gleichermassen geschätzt».

Quelle: www.swissstaffing.ch

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